Dos Palillos - Barcelona

Wählen können wir zwischen dem Menü "dos palillos" und dem noch etwas umfangreicheren Degustationsmenü. Zum Auftakt unseres schon für 80€ pro Person zu habenden Menüs wird Alge serviert. Die gekochte und mit Olivenöl servierte Variante präsentiert sich mit perfekter Konsistenz, weist neben einer dezenten Süße auch eine feine Salzigkeit auf und sorgte für einen gelungenen Einstieg. Der zweite Apero zeigt sich noch vielschichtiger. Der Algencrunch kontrastiert die weich daherkommende erste Variante, wobei die gepickelte Schalotte eine säuerliche Frische beisteuert und angenehm ergänzt wird durch die feinen Chiliflocken und Kresseblätter. So darf es weitergehen!

Als zweiter Tapas-Gang (der Apero zählte, wie wir später herausfanden, bereits als erster Gang) wird ein Sepiatartar mit feinem Olivenöl und Osietra-Kaviar gereicht. Herrlich schmelzig präsentiert sich das Tartar, das von der jodigen Salzigkeit des Kaviars perfekt eingebunden wird. Ein sehr schlichter Gang, bei dem die Reduktion auf das Wesentliche unverkennbar im Vordergrund steht und uns für einen Moment alle Sorgen dieser Welt vergessen lässt.

Nach einem weiteren köstlichen, jedoch nicht bebilderten Fischgang kommt kreativ die folgende Leckerei daher: Zum herzhaft gehaltenen Milcheis werden hier eingelegte Sojabohnen, drei Jahre gereifte Sojasoße und ein eigens aus verkohlten Sojabohnenschalen extrahiertes Öl gereicht. Das solo etwas dumpf daherkommende Milcheis gewinnt dabei an aromatischer Vielschichtigkeit durch die eingelegten Bohnen und gerade durch die natürlich viel Umami beisteuernde Sojasoße. Das verkohlte Öl zeigt sich angenehm mild und lässt sogar einige der erwarteten Bitterstoffe vermissen, die einen tollen Kontrast zur süßen Sojasauce ergeben hätten. Ein sehr eigenwilliger, durchaus gelungener Zwischengang, der aber ein wenig hinter der Perfektion des bis dahin Genossenen zurückbleibt.

Sehr reduziert, aber nicht weniger pointiert wird es darauf mit den roten, spanischen Garnelen. Kurz über dem offenen Feuer angegrillt, werden die Köpfe nach dem Garvorgang kurz in Meersalz gewendet und dann sofort mit einer kleinen Anleitung serviert. Der freundliche Koch erklärt uns, dass man die Garnele am Kopf halte, sie bis zu diesem in den Mund zu führe, um das Salz mitzunehmen und sie dann samt Kopfinhalt zu essen. Wir sind selten in den Genuss einer so perfekt gegarten, soviel eigenes Aroma mitbringenden Garnele gelangt. Dabei steuert das noch deutlich intensivere Innere des Kopf eine herrliche Süße bei, die in tollem Einklang zum ansonsten sehr frisch und salzig daherkommendem Fleisch steht. Das ist Purismus in Perfektion!

Knusprig ging es danach weiter mit in Panko gewälztem und frittiertem Kabeljaukinn und gehobeltem Bonito. Das Kinn kommt herrlich zart daher, ohne dabei eine fast schon fleischige Textur zu verlieren. Auch aromatisch macht der Kabeljau richtig Spaß. Die Bonitoflocken steuern zuästzlich Umami bei, was dem Ganzen einerseits Kraft verleiht, bei Überdosierung aber auch Gefahr läuft, den feinen Kabeljau dumpf erscheinen zu lassen. Doch ausgeglichen ist hier sowohl die Menge als auch die Intensität des Bonito, was diesen Gang zu einem weiteren, sehr reduzierten, jedoch nicht weniger Freude bereitenden Tapa macht.

Die im Anschluss servierten, gedämpften und mit Jakobsmuschel sowie Gemüse gefüllten Dim Sum ergeben einen angenehmen Kontrast zum knusprigen Kabeljau. Sehr subtil präsentieren sich diese in der Aromatik, wobei der aufliegende Kubebenpfeffer und die dazu gereichte Sojasauce dem Ganzen zu mehr Kraft und Ausdrucksstärke verhelfen. Eine perfekt gegarte Leckerei, zu der wir auch bei zwei Dim Sums mehr nicht ´nein´gesagt hätten.

Als letzter "Hauptgang-Tapa" folgt darauf der Klassiker des Hauses: Der Dos Palillos-Burger wird serviert mit einem medium rare gegrillten, recht puristisch gewürztem Rindfleischpatty, Algensalat, Kubebenpfeffer und Sojagel. Das wunderbar fluffige, dabei zwar leicht süßliche aber überhaupt nicht buttrige Bun (wie man es von amerikanisch gehaltenen Buns kennt) fasst dabei die Umami-Bombe im Innern wunderbar ein und steuert mit dem mitgebackenen, schwarzen Sesam zusätzlich eine minimal bittere Komponente bei. Ein denkwürdiger Burger!

Auf das nicht bebilderte, aber nicht minder hervorragende und aus Passionsfruchtsorbet sowie einer gelierten Kaffeecreme bestehende Pre-Dessert folgt ein ungewöhnliches, aber dennoch schönes erstes Dessert. Zur süß-salzigen karamellisierten und mit etwas Kreuzkümmel bestäubten Schweineschwarte wird ein erfrischend scharfes Ingwereis gereicht. Ein in seiner Einfachheit fast banal wirkender Nachtisch, bei dem die Schärfe des kalten Ingwers aber in wunderbarem Kontrast zum knusprig süßen Schwein steht - klasse!

Etwas weniger beeindruckend kommt darauf leider das letzte Dessert oder möglicherweise als Petit Fours gedachte Krapfen daher. Ohnehin bin ich persönlich nicht der größte Freund von allzu süßen und schweren kulinarischen Menüabschlüssen und leider stellt sich dieser als solcher heraus. Der japanische Krapfen wird nach dem Frittieren mit einer vergleichs- und im geschmacklichen Gesamtbild glücklicherweise pur schmeckenden Schokoladeninfusion gefüllt, mit Puderzucker bestäubt und schließlich mit einer Messerspitze kandiertem Ingwer serviert. Ein wenig Frische, sowie die Süße und das Fett konternde Schärfe trägt der Ingwer im ersten Moment bei, verblasst danach aber recht schnell und gibt der Schokoladeninfusion sehr viel Raum. Ein ebenfalls wieder sehr reduziertes Dessert, das aber nicht in dem Maße zu überzeugen wusste wie seine Vorgänger.
